Sammlungsstück des Monats: Umberto Eco: Carmen Nova

21
AUG
2023

Es gibt Bücher, die gibt es gar nicht. Ein solches ist die Kriminalnovelle „Carmen Nova“: Ein schmales Bändchen von 50 Seiten, dessen Autor laut Titel Umberto Eco ist. Eine editorische Notiz, Anmerkungen des Übersetzers zum Text und ein Nachwort (angeblich von niemand geringerem als Roland Barthes) von insg. 10 Seiten ergänzen das Bändchen. Das Werk soll erstmals Mitte der 1960er Jahre in einer italienischen Literaturzeitschrift „notizie di lingua e estetica“ unter einem Pseudonym Umberto Ecos (Stephen Giallo) erschienen sein.

Doch wirft das Buch einige Fragen auf. Der Literaturwissenschaftler PD Dr. Niels Penke (Universität Siegen) entdeckte den Titel per Zufall in einem Antiquariat – und kam nach Lektüre, literaturwissenschaftlichen Analysen und umfangreichen Recherchen in Archiven und Katalogen zum Schluss, dass es sich um eine Fälschung handelt. Weder Verfasserangabe, noch Autor des Nachworts ist zutreffend; die ISBN gefälscht, der Verlag hat keine weiteren Veröffentlichungen nachzuweisen.
Die Staats- und Universitätsbibliothek Bremen ist die einzige Bibliothek in Deutschland, in der ein Exemplar überliefert ist.1 Das Exemplar kam im Juli 1984 über ein Antiquariat zu uns in den Bestand.

Doch wer hat das Büchlein geschrieben? Welche Geschichte steckt hinter diesem Werk? „Carmen Nova“ und die Begleitumstände dieses Titels wären ein Werk nach dem Geschmack Umberto Ecos gewesen, soviel steht fest: Der oder die Urheber kannten Ecos Werk, dessen Stil sie nachzuahmen suchten. Immer wieder finden sich literaturhistorische Referenzen. So der ursprüngliche Verlag „Sherrinford & Sacker“ – keine Titel sind von ihm überliefert, doch verweist der Name auf klassische Detektivgeschichten: Sherlock Holmes sollte mal Sherrington Hope heißen, Ormond Sacker hieß später bekanntermaßen John Watson. Der Doppelnullverlag ist nur eine der Bezugnahmen auf Ian Flemings James Bond, der mit „Goldfinger“ sowohl als Zitat vor dem Titel als auch im Nachwort verewigt wurde

Carmen Nova ist eine Detektivgeschichte rund um „Carmen“, lt. Penke eher schwierig zu lesen und „ohne rechte Handlung und besondere Begebenheiten, nicht eigentlich spannend.“ Penke geht davon aus, dass es sich um eine Fälschung handelt – wenngleich eine aufwändige. Auch wenn offen bleibt, wer den Titel geschrieben hat – das Bremer Exemplar zeigt zumindest: Dieses Buch gibt es wirklich!

Der Text ist jetzt auch digital frei zugänglich verfügbar.

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